Ankylosierende Spondylitis (AS) und axiale Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS (nicht röntgenologische axiale ankylosierende Spondylitis, nr-axSpA)
Bei ankylosierender Spondylitis (AS), auch Morbus Bechterew, und der nr-axSpA handelt es sich um eine chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung des Achsenskeletts, der Extremitätengelenke und Sehnenansätze, die zu einer Versteifung der Wirbelsäule führt.1 In Deutschland sind bis zu 550.000 Menschen von einer der beiden Manifestationen betroffen.2 Erste Symptome der Autoimmunerkrankung treten häufig bereits vor dem 30. Lebensjahr auf3, der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr.4 Bei Männern wird die Krankheit aufgrund eines tendenziell schwereren Verlaufs etwa dreimal so häufig diagnostiziert wie bei Frauen, allerdings erkranken beide Geschlechter in etwa gleich häufig.4 Während die genaue Ätiologie derzeit noch unbekannt ist, deuten Anzeichen auf eine genetische Prädisposition mit Assoziation zu HLA-B27, darüber hinaus bestehen Vermutungen zu einem Zusammenhang mit urogenitalen oder enteralen Infektionen.1
Die nicht röntgenologische axiale Spondyloarthritis gilt als Vorstufe zur ankylosierenden Spondylitis und kann, muss aber nicht zwangsläufig in eine AS übergehen. Hauptunterscheidungsmerkmal zur AS ist die Nicht-Darstellbarkeit der Sakroiliitis (entzündliche Veränderung der Ileosakralgelenke) auf dem Röntgenbild. Nur im MRT wird dieses Charakteristikum bildlich darstellbar.5 Grundsätzlich handelt es sich hier aber um ein Krankheitsbild mit einer Prävalenz von ca. 0,5 % in Deutschland für beide Formen.6
Krankheitsbild
Frühe Symptome beider Manifestationen sind länger als drei Monate andauernde Rückenschmerzen. Diese schließen vor allem morgens und in der zweiten Nachthälfte auftretende Schmerzen der Wirbelsäule, des Kreuzes, der Hüften und des Gesäßes mit ein und können mit morgendlicher Steifigkeit verbunden sein.1,3 Schmerzlindernd wirkt Bewegung.3 In späteren Stadien kommt es zu einer knöchernen Versteifung der Wirbelsäule.3
Leitliniengerechte Behandlung der AS und der nr-axSpA (Stand: 01.06.2021)
Die deutsche Leitlinie6 empfiehlt als Grundlage eine Bewegungstherapie mit dem Ziel, die körperliche Beweglichkeit zu erhalten, die Steifheit zu vermindern, den Schmerz zu reduzieren sowie die Haltung und Koordinationsfähigkeit zu verbessern, um Stürzen vorzubeugen und die funktionale Gesundheit zu erhalten. Darüber hinaus sollte eine medikamentöse Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) eingesetzt werden. Eigenständige Daten zur Behandlung von Patienten mit nr-axSpA gibt es nicht, sodass die Therapieempfehlungen hier übernommen werden sollten. Bei Verfehlen des Therapieziels durch ein erstes NSAR sollte ein zweites für weitere 2-4 Wochen getestet werden. Biologika wie Adalimumab empfiehlt die Leitlinie für Patienten, die unter der Standardtherapie mit NSAR keine ausreichende Reduktion der entzündlichen Krankheitsaktivität erreichen.6
In den aktuellen ASAS/EULAR-Leitlinien7 unterteilen die Experten empfehlenswerte Therapieoptionen in mehrere Phasen, wobei für alle Patienten, unabhängig der jeweiligen Phase, eine ausführliche Schulung zu der Erkrankung, regelmäßige Bewegung auch in Form einer Bewegungstherapie sowie ggf. eine Rauchentwöhnung empfohlen wird.
Ab Phase 2 werden bei den rein axialen Erkrankungsbildern TNF-α-Inhibitoren wie Adalimumab vorgeschlagen (oder auch bei den primär peripheren Erscheinungsbildern, wenn die vorgeschlagenen Therapieoptionen nicht durchführbar sind oder nicht den gewünschten Erfolg zeigten). Auch hier wird nicht nach nr-axSpa und AS unterschieden.
Abb. Empfehlungen der aktuellen ASAS/EULAR-Leitlinien zum Management der axialen Spondylarthritis; mod. nach [7]
Legende: ASDAS: Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score; BASDAI: Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index; bDMARD: biological Disease-Modifying Antirheumatic Drug, biologische krank-heitsmodifizierende antirheumatische Medikamente (Biologika); GK: Glukokortikoid; IL: Interleukin; TNF: Tumornekrosefaktor. *entweder BASDAI oder ASDAS, jedoch gleiches Ergebnis für den Patienten.
Literatur:
1. Walter de Gruyter GmbH. Pschyrembel Online. Spondylitis ankylosans. https://www.pschyrembel.de/Spondylitis%20ankylosans/K0LCJ/doc/ Letzter Zugriff: 15.07.2024
2. DGRh. Rheuma in Zahlen. Online unter: https://dgrh.de/Start/DGRh/Presse/Daten-und-Fakten/Rheuma-in-Zahlen.html Letzter Zugriff: 15.07.2024
3. Heyn G. Ankolysierende Spondylitis – Diagnose und Therapie im Wandel. Pharmazeutische Zeitung. Online unter: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-032014/diagnose-und-therapie-im-wandel/ letzter Zugriff: 15.07.2024
4. Melchers M, Müller PF, Antwerpes F et al. Spondylitis ankylosans. DocCheck Flexikon, das Medizinlexikon zum Mitmachen. Online unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Spondylitis_ankylosans Letzter Zugriff: 15.07.2024
5. DAZ. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-14-2013/die-sonne-nicht-mehr-sehen-koennen Letzter Zugriff: 15.07.2024
6. Kiltz U, Becker A, Chenot JF et al. Langfassung zur S3-Leitlinie Axiale Spondylarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen. Online unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060-003l_S3_Axiale-Spondyloarthritis-Morbus-Bechterew-Fruehformen-2019-10.pdf Letzter Zugriff: 15.07.2024
7. Ramiro S, Nikiphorou E, Sepriano A et al. ASAS-EULAR recommendations for the management of axial spondyloarthritis: 2022 update. Ann Rheum Dis 2023;82:19-34.