Juvenile idiopathische Arthritis

Juvenile idiopathische Arthritis

Nach der Klassifikation der International League of Associations for Rheumatology (ILAR) werden unter dem Begriff „juvenile idiopathische Arthritis“ (JIA) alle Arthritiden bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren mit einer Dauer von mindestens sechs Wochen und unklarer Ätiologie zusammengefasst.1 Mit einer Prävalenz von etwa 0,1 % ist die JIA die häufigste chronisch-entzündliche rheumatische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter.2

Krankheitsbild

Bei der JIA handelt es sich um eine chronische Erkrankung mit potenziell schwerwiegenden klinischen und extraartikulären Manifestationen. Außerdem ist sie mit einem hohen Morbiditätsrisiko verbunden. So kann es u. a. zu Gelenkdestruktionen, Osteoporose und anteriorer Uveitis kommen sowie in der Folge zu Funktionsverlusten im Alltag, Einschränkungen der Lebensqualität und -teilhabe und Verkürzung der Lebenserwartung.2 Trotz neuer Therapieoptionen (DMARDs) ist eine fachspezifische Versorgung in über der Hälfte der Fälle bis ins Erwachsenenalter erforderlich.3 Es wird davon ausgegangen, dass eine frühzeitige Diagnosestellung den Verlauf der Erkrankung wesentlich verbessern kann.2

Je nach Krankheitsbild lässt sich die JIA in verschiedene Subgruppen unterteilen:

  • Systemische Arthritis (sJIA)
    Bei sJIA kommt es zu Arthritis und intermittierendem Fieber über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen. Zusätzlich muss mindestens eines der folgenden Kriterien zutreffen: flüchtiger erythematöser Hautausschlag, generalisierte Lymphknotenvergrößerung, Hepato- und/oder Splenomegalie und/oder Serositis.2
  • Oligoarthritis (persistierend und erweitert)
    Oligoarthritis beschreibt eine Arthritiserkrankung mit bis zu vier innerhalb der ersten sechs Erkrankungsmonate betroffenen Gelenken. Bei der persistierenden Form sind kumulativ im Verlauf maximal vier Gelenke in den Entzündungsprozess mit einbezogen. Die erweiterte Oligoarthritis umfasst nach den ersten sechs Erkrankungsmonaten mehr als vier Gelenke.2
  • Polyarthritis (Rheumafaktor-negativ und Rheumafaktor-positiv)
    Bei der Polyarthritis sind während der ersten sechs Erkrankungsmonate mehr als vier Gelenke betroffen. Je nachdem, ob mindestens zwei Tests auf Rheumafaktoren im Abstand von drei Monaten positiv oder negativ ausfallen, untergliedert sich diese Form weiter in Rheumafaktor-positive und Rheumafaktor-negative Polyarthritis.2
  • Psoriasis-Arthritis
    Liegen neben Arthritis noch Psoriasis oder wenigstens zwei der folgenden Kriterien vor, spricht man von Psoriasis-Arthritis: Daktylitis; Nagelveränderungen (Tüpfelung oder Onycholyse); Psoriasis bei einem Verwandten 1. Grades.2
  • Enthesitis-assoziierte Arthritis (EAA)
    Eine Enthesitis-assoziierte Arthritis (EAA) umfasst das Vorhandensein von entweder Arthritis und Enthesitis oder Arthritis und mindestens zwei der folgenden Kriterien: Druckschmerz über den Iliosakralgelenken und/oder entzündlicher Rückenschmerz lumbosakral, HLA-B27-Nachweis, der betroffene Patient ist ein Junge mit einem Erkrankungsbeginn > 6 Jahre, akute (symptomatische) anteriore Uveitis, ankylosierende Spondylitis, Enthesitis-assoziierte Arthritis, Sakroilitis bei entzündlicher Darmerkrankung, Reiter-Syndrom oder akute anteriore Uveitis bei einem Angehörigen 1. Grades.2
  • Andere Arthritis
    Diese Subgruppe umfasst alle Arthritiden, die nicht eindeutig den vorab definierten Subgruppen zugeordnet werden können.2

Leitliniengerechte Behandlung (Stand: 01.06.2021)

Zur aktuellen Leitlinie

Nichtmedikamentöse Therapieformen, optional ergänzt durch medikamentöse Therapien, bilden die Grundlage der Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis nach s2k-Leitlinie2.

So sollen Betroffene zunächst mit Physio- und Ergotherapie behandelt und zu mehr Sport und Bewegung angehalten werden. Neben einer psychologischen und sozialpädagogischen Betreuung empfehlen die Experten eine umfassende Schulung von Eltern und Patienten. Bei Bedarf können nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sowie intraartikuläre Glukokortikoide zum Einsatz kommen. Systemische Glukokortikoide können bei hoher Krankheitsaktivität notwendig werden, allerdings ist ihr langfristiger Einsatz zu vermeiden.2

Bei unzureichendem Ansprechen der vorangegangenen Behandlungen unterscheidet die Leitlinie zwischen weiteren Therapielinien für die unterschiedlichen Subgruppen (siehe Abbildung):

Abb.: Medikamentöse Therapiemöglichkeiten bei den unterschiedlichen Subgruppen von juveniler idiopathischer Arthritis; mod. nach [2]

Abb.: Medikamentöse Therapiemöglichkeiten bei den unterschiedlichen Subgruppen von juveniler idiopathischer Arthritis; mod. nach [2]

Ziel ist es, eine altersentsprechende gesundheitsbezogene Lebensqualität zu erreichen. Dazu gehören eine rasche Remissionsinduktion und Schmerzfreiheit, eine Kontrolle der Krankheitsaktivität, die Vermeidung körperlicher Behinderungen und Schädigungen der inneren Organe, das Ermöglichen der Teilnahme an Schulunterricht und Berufsleben sowie eine strukturierte Transition.2

Literatur:

1. Petty RE, Southwood TR, Manners P, et al. International League of Associations for Rheumatology – Classification of Juvenile Idiopathic Arthritis: Second Revision, Edmonton, 2001J. Rheumatol. 2004 Feb;31(2):390-2.
2. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. S2k-Leitlinie „Therapie der Juvenilen Idiopathischen Arthritis“. Online unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/027-020.html Letzter Zugriff: 15.07.2024
3. Shoop-Worrall SJW, Kearsley-Fleet L, Thomson W, et al. How common is remission in juvenile idiopathic arthritis: A systematic review. Semin Arthritis Rheum. 2017 Dec; 47(3): 331-337.